Steppenwolf – Mediabook
Skrupelloser Auftragskiller hilft verstörter Mutter, ihren Sohn zu finden. Adilkhan Yerzhanovs Apokalypse-Western macht die kasachische Steppe zur Hauptfigur. Mediabook mit meinem Text. (PLAION Pictures)

Er ahnt: Es muss Kinderhändler Taha dahinterstecken. Der steht ohnehin auf seiner Abschussliste. Ein Antiheld, wie er im Buche steht: Wo bei anderen ein Herz schlägt, sitzen bei Brajyuk (Berik Aitzhanov) nur beißender Zynismus und stoischer Sadismus. Wenn er lacht, dann über die eigenen Gräueltaten. Auch alle anderen Gestalten in dieser Jeder-gegen-jeden-Welt erscheinen verkommen und innerlich zerfressen. Ausgerechnet Brajyuk bitte die verstörte Tamara (Anna Starchenko) um Hilfe, ihren verlorenen Sohn zu finden. Permanente Bandenkriege fordern in diesem dystopischen Kasachstan – in bester Mad Max-Manier – auch zivile Opfer. Diese Hoffnungslosigkeit verstärken die beeindruckenden Bilder der kargen Landschaft, in der immerzu der Wind rauscht.
Die Steppe hat eine besondere Bedeutung im Kino Kasachstans. Darüber schrieb Autor Rico Isaacs im Jahr 2018 ein eigenes Kapitel, und der umtriebige Regisseur Adilkhan Yerzhanov widmet sich diesem Motiv in Steppenwolf (Dala Qasqiri, 2024) in ausführlicher Weise. Er verbindet Elemente aus dem Western und Apokalypse-Thriller zu einer eigenen filmischen Landkarte, auf der wir einem der eindringlichsten Antihelden der jüngeren Kinogeschichte begegnen.
PLAION Pictures hat diesem Ausnahmethriller ein wohl kuratiertes Mediabook spendiert. Neben einem 15-minütigen Making of gibt es drei reflektierende Extras, darunter ein deutschsprachiger Audiokommentar von Popkultur-Experte David Flint und ein Visual Essay von Filmwissenschaftler Lee Broughton. Im 20-seitigen Booklet beschäftige ich mich eingehend mit den Themen und Motiven des Films und lese Steppenwolf als modernen Western, bei dem die Landschaft eine tragende Rolle spielt.