Pickup on South Street – Filmkritik

Handarbeit. Samuel Fullers später Film noir über einen Taschendieb, der ins Visier der Behörden gerät, zählt zu den stilsichersten Krimis der Filmgeschichte. (Fluxkompensator)

Der klassische amerikanische Film noir gliedert sich zumeist in drei Phasen. Die erste Phase (ca. 1941–1945) des Film noir lässt die Protagonisten vorwiegend in Studio-Kulissen, in geschlossenen Räumen agieren. Die zweite Phase (1945–1949) verschiebt die Aktionen der Figuren zunehmend in authentischere (Außen-)Kulissen, porträtiert immer stärker das Leben auf der Straße, zumeist in (Groß-)Städten. Die dritte und finale klassische Phase (1949–1953), die noch deutlich vor dem letzten offiziellen Vertreter, Orson Welles’ Im Zeichen des Bösen (Touch of Evil, 1958), endet, entwickelt Figuren und Stil konsequent weiter und führt zu zwei markanten Merkmalen: Zum einen ist da die Verdichtung der Licht-Schattenspiel-Ästhetik hin zum Chiaroscuro („Hell-Dunkel-Malerei“), was eine spezifische, stark kontrastierte Beleuchtungsweise bzw. Bildgestaltung beschreibt; zum anderen gibt es – auch das ist ein Charakteristikum – die bewusste Abkehr von diesen markanten, artifiziellen Stilismen.

Samuel Fullers Pickup on South Street (dt. Polizei greift ein) mit Erscheinungsjahr 1953 zählt zur Spätphase des Film noir, weniger Genre als vielmehr ästhetische Form. Hauptunterschied zu den meisten amerikanischen Vertretern dieser Zunft ist seine beinahe schon europäisch anmutende, tiefgehende Dramaturgie und lange, entschleunigte Einstellungen, die die Individuen stark in den Vordergrund rücken. So merkte Barry Gifford, Drehbuchautor für David Lynch und Noir-Spezialist an: Der Film, „gedreht in schweißtriefendem, körnigem Schwarzweiß“, sei „wirklich sehr europäisch mit seinen langen Einstellungen, seiner Musik, seiner blassen Annäherung an das Leben.“ (Gifford, 2001)

Skip McCoy (Richard Widmark), notorischer Taschendieb und Spieler mit dem eigenen Schicksal, steht stellvertretend für eine verlorene Generation nach dem Krieg. Er findet keinen Platz in seinem Umfeld, sondern bringt sich als Außenseiter immer wieder an den Rand der Existenz. So wird für ihn der übliche Diebstahl einer Damenhandtasche zum schwerwiegenden Problem: Der Gegenstand enthält einen geheimen Mikrofilm, den Agenten außer Landes bringen wollen. McCoy gerät zwischen die Fronten von Kriminellen und Polizei, die bei den Agenten einen schwerwiegenderen Hintergrund vermutet. Widerwillig entschließt er sich, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Nicht auf der Rechnung hatte er die schöne und verletzliche Candy (Jean Peters), die ihn als Femme Fatale immer wieder mit Gefühlen konfrontiert.

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